Studenten stoßen auf Gebäude der Glashütte
Klein Süntel. Die Vermutungen haben sich bestätigt: In Klein Süntel sind Studenten der forensischen Archäologie der Universität Cranfield auf Überreste der Glashütte aus den 19. Jahrhundert gestoßen und haben erste Elemente freigelegt. „So dicht unter der Grasnarbe eine so gut erhaltene Struktur. Das ist im Weserbergland schon einzigartig“, urteilte Dr. Christian Leiber, Kreisarchäologe aus Holzminden. Gemeinsam mit anderen Experten historischer Glashütten machte er sich gestern ein Bild von den Ausgrabungen. Grabungsleiter Roland Wessling erwartet, dass zwei große Hallen im Boden verborgen liegen.
Klein Süntel. „Look at that!“ Die 21-jährige, blonde Studentin Claudine ist begeistert. Gerade hat sie mit Bürstchen und Pinseln eine kleine, dunkle Glasflasche freigelegt. Ihre aus Somalia stammende Kommilitonin Farhiya (25) hält den Fund sofort auf einem Foto fest und Stefanie Giles (20) vermerkt auf ihrem Zeichenbrett die genaue Fundstelle. Die drei Studentinnen der forensischen Archäologie von der Universität Cranfield in der Nähe von Oxford gehören zum 15-köpfigen, internationalen Grabungsteam, das derzeit unter der Leitung von Roland Wessling und zwei weiteren Dozenten Testgrabungen auf dem grünen Hügel hinter dem Senioren-Domizil in Klein Süntel durchführt. Bei strahlendem Frühlingswetter war die Elite der nord- und westdeutschen Glashistoriker, Kunstsachverständigen, Archäologen und Denkmalpfleger angereist, um direkt vor Ort mehr über die ersten Ergebnisse zu erfahren. „Das ist ja wie eine Operation am offenen Herzen“, stellt der Holzmindener Kreisarchäologe Dr. Christian Leiber mit Blick auf das Grabungsareal begeistert fest. „So dicht unter der Grasnarbe eine so gut erhaltene Struktur. Das ist im Weserbergland schon einzigartig. Deshalb: unbedingt weitermachen!“ Die bei der geophysikalischen Prospektion vor einigen Monaten vermuteten Bodenfunde seien nun definitiv festgestellt und teilweise schon ausgegraben worden, so Grabungsleiter Roland Wessling. „Darunter liegen wahrscheinlich zwei sechs mal zwei Meter große Hallen mit einer Höhe von zweieinhalb Metern. Die werden wir in 3-D vermessen.“ Ein bis zwei Autos könnten schon darin parken, verdeutlicht Wessling die Ausmaße. Weitere Ergebnisse? Da sei er lieber zurückhaltend, denn als forensischer Archäologe habe er mit seinem Team zwar die Testgrabung durchgeführt und viele Daten gesammelt, doch sei deren Auswertung jetzt Sache der Experten. Die seien in den nächsten Wochen und Monaten gefordert. Und an Experten herrscht an diesem Morgen in Klein Süntel kein Mangel. Mit vor Ort etwa der Leiter des Landesmuseums Münster, Dr. Gerd Dethlefs, Glaskünstler Frieder Korff, Prof. Dr. Bernd Kraemer aus Grünenplan und Sammler Albert Schwiezer, dessen Exponate im Senioren-Domizil ausgestellt sind. Die Frühjahrstagung des Westfälischen Glasforums war eigens aus Anlass der Präsentation der Grabungsergebnisse nach Klein Süntel verlegt worden. „Wir freuen uns sehr, dass unsere ehrenamtliche Arbeit im Forum Glas mit der Kooperation mit einer ausländischen Universität und so renommierten Einrichtungen eine große Würdigung erfährt“, so der Forum Glas-Vorsitzende Hermann Wessling. Entscheidend sei jetzt die Frage, ob es sich in dieser Glashütte aus den 19. Jahrhundert um eine „normale“ Hütte handle, oder ob hier ein Rauchgaskegel zum Vorschein komme, so der Historiker Klaus Vohn-Fortagne. Immerhin ließen die Grabungsfunde schon auf ein kreuzgangähnliches Gewölbe schließen, das genutzt wurde, um durch Zugluft die Brenntemperatur zu erhöhen. „Ein für den Landkreis wirklich sehr bedeutungsvoller Fund“, stellt auch der Leiter des Naturschutzamtes des Landkreises, Rainer Halbauer, fest. Der Kreis fördere die Grabungen mit Mitteln der Wirtschaftsförderung momentan mit 5000 Euro. Auf wesentlich mehr hofft Ortsbürgermeister Detlef Olejniczak: „Die Bingo-Umweltstiftung hat uns vor einiger Zeit schon eine Förderung bis zu 50000 Euro zugesagt“, berichtet er. Je nachdem, ob die Klein Sünteler Funde als „Natur- oder Industriedenkmal“ eingestuft würden. „Wie auch immer, es ist eine aufregende Sache. Suchen und Finden ist was ganz Elementares“, so die Klein Süntelerin Beatrix Nehmann. „Unsere Schätze sind nicht aus Gold oder Silber, sondern aus Backstein“, kommentiert Roland Wessling. „Die Spannung ist aber dieselbe, auch wenn wir hier vor Ort bislang nur ein Markstück von 1970 gefunden haben, so schlägt das Herz bei Flaschenfunden wie diesem eben doch höher“, lobt der Experte seine Studierenden.
Von Christoph Huppert
Schon dicht unter der Grasnarbe stößt das 15-köpfige Grabungsteam auf erste Funde. Foto:hzs
Nach vielen Steinen sogar Glas: Claudine legt eine Flasche sorgsam frei. Foto:hzs
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